Vitor Zimmerer: Extrem TV

Im Januar 2015 erschien meine erste Fiction-Veröffentlichung, ein niedliches, kleines Jugendbuch, allerdings zu einem wichtigen Thema. Ich schrieb das Buch im Frühjahr 2013 nach Absprache mit dem Ravensburger Buchverlag. Dieser wollte etwas für die "short & easy"-Reihe, einen kürzeren, einfachen Text für Kinder von etwa 12 Jahren. Oft gibt es da einen pädagogischen Anspruch, und für ausgewählte Bücher aus der Reihe ("Extrem TV" gehört dazu) wird Unterrichtsmaterial zusammengestellt.

Ich habe gemischte Gefühle darüber, dass Schüler mein Buch lesen müssen und vielleicht sogar eine Arbeit darüber schreiben. Der erste Roman, den ich für die Schule las, war "Vorstadtkrokodile" von Max von der Grün. Meine Beziehung zu Pflichtromanen war seitdem oft mies. Ich habe versucht, eine unterhaltsame und spannende Geschichte zu schreiben, und eine einfache Sprache bedeutet nicht unbedingt, dass die Inhalte dürftig sind.

In Extrem TV geht es um Reality-Formate und die Lügen und Erpressungen hinter der Kamera. Für meine Zielgruppe, die zu großen Teilen noch nicht erkennt, was im Fernsehen "echt", erfunden oder verfälscht ist, wurde das Thema noch nicht behandelt. Ich habe früher ab und an "Frauentausch" geschaut, als die Sendung neu war. Ich fand sie unterhaltsam, wobei ich auch sah, dass mit Schnitten und Musik viel getrickst und suggeriert wurde. Wie schlimm die Methoden von manchen Produktionsfirmen wirklich sind, erfuhr ich erst über die Jahre. Erwachsene, denen ich von meinem Buch erzählte, wollten häufig nicht glauben, mit welcher Ruchlosigkeit die Hartz-IV-Verwertungsindustrie, die hinter manchen Reality-Sendungen steckt, vorgeht. Die Sendungen, die hinten rauskommen, verstärken oft sehr bewusst den Eindruck, dass das deutsche Sozialsystem hauptsächlich irgendwelche hässlichen Sozialschmarotzer unterstützt.

Ravensburger schlug eine weibliche Protagonistin für die Geschichte vor. Zunächst hatte ich Angst, weil ich Mädchen in Kims Alter (14) damals nicht verstand und es auch heute nicht tue. Meine Lösung war, mir nur wenig Gedanken um Geschlechter zu machen und schlicht einen Charakter zu zeichnen, der durch einen Konflikt lernt, sich zu wehren, auch wenn es bedeutet, sich einer Autorität zu widersetzen.

Quellen

In der Zeit, als ich über Themen für ein Jugendbuch nachdachte, entdeckte ich fernsehkritik.tv. Ich stimme Holger Kreymeier nicht immer zu, aber das, was er tut, ist einzigartig, unterhaltsam und journalistisch oft sehr wertvoll. Auf Nachfrage führte Holger freundlicherweise mit mir ein Gespräch, bei dem er mir Fragen zu Reality-Sendungen beantwortete und mir sagte, dass mein fiktives Fernsehformat "Abgestürzt!" realistisch sei (das fertige Buch kennt er allerdings noch nicht, vermute ich). Gute Beiträge:

Noch ein paar Artikel: